Wednesday, May 28, 2014
Besuch bei der Grausamen Gräfin: Schicksals-Begegnung in Ohlsdorf
Manchmal steht man ja vor einer Statue und denkt: "Das Biest guckt mich an". Manchmal steht man auch vor einer Statue und denkt: "Woah, wie echt!" Und manchmal steht man auch vor einer Statue und denkt: "WTF? What the fucking fuck?" Genau so hab ich jedenfalls reagiert, als ich aus dem Bus an Kapelle 7 ausstieg über die schöne, grüne Wiese in Richtung eines alten Mausoleums spazierte und dann im Augenwinkel etwas sah. Bäm, schon stand sie da. Die "Grausame Gräfin"...
Der Hamburger Friedhof Ohlsdorf hat zweifelsohne viele schöne Statuen, meist engelsgleiche oder andere friedliebende Gestalten, diese Statue fällt da ziemlich aus dem Rahmen. Die 1905 von Artur Leder gestaltete Statue "Das Schicksal" ist weder friedlich noch liebreizend. Sie ist verstörend und anziehend gleichermaßen. Wer vor ihr steht, will instinktiv gleich Platz machen, ausweichen, so entschlossen wirkt ihr steinerndes Voranschreiten.
"Das Schicksal ist ein Arschloch", sagt der Volksmund. Dieses Schicksal in Form der muskulösen und äußerst finster dreinblickenden Frauenfigur geht auch nicht besonders zimperlich mit den Menschen um. Sie zieht die bemitleidenswerten Kreaturen an den Haaren hinter sich her. Allgemein wird das Kunstwerk deshalb auch als "Grausame Gräfin" bezeichnet. Das von Hugo Lederer erschaffen Jugendstilwerk stand bis 1956 im Garten der Famile Eduart Lippert am Alsterufer. Von Hugo Lederer stammt auch das berühmte Bismarck-Denkmal auf der Elbhöhe.
Die weibliche Figur (links) hat die Augen geschlossen, erscheint leblos und hat sich "ihrem Schicksal" wohl bereits ergeben. Die männliche Figur (rechts) versucht noch in die Schritte des Schicksals einzugreifen, aber auch das ist wohl sinnbildlich zum Scheitern verurteilt.
Die Statue "Das Schicksal" befindet sich in unmittelbarer Nähe der Kapelle 7 auf dem Ohlsdorfer Friedhof. Direkt gegenüber hält der Bus 270 (Haltestelle Kapelle 7). Sehenswert ist auch das Mausoleum direkt neben der Statue. Hierbei handelt es sich um das Mausoleum von Schröder. Mit ca. 300 Quadratmetern Fläche ist es nicht nur das größte auf dem Ohlsdorfer Friedhof sondern auch das größte in Nordeuropa. Das achteckige Gebäude wurde 1906 im Stil der Neoromanik errichtet. Auftraggeber war die Hamburger Bankiersfamilie von Schröder. Es beinhaltet 24 Gruftzellen.
Die letzte Beisetzung fand hier 1958 statt. Heute ist der Kuppelbau in einem erbärmlichen Zustand und bedarf aufwendiger Restaurationen. Seit 2009 hat der Hamburger Kulturinvestor Klausmartin Kretschmer das Gebäude für die nächsten 100 Jahre vom Friedhof Ohlsdorf gepachtet. Er will hier eine Begegnungstsätte für Trost und Musik initiieren. Ich hoffe, das passiert noch, bevor ich ins Gras beisse, denn ich würde mir das Mausoleum echt gerne mal von innen ansehen!
Es gibt natürlich auch ein paar schöne Details an der (verschlossenen) Tür des Mausoleums.
Wenn man sich auf die Zehenspitzen stellt und dann die Kamera blindlings mal durch die Gitterstäbe hält, dann sieht man das hier :)